Viele jüdische Häftlinge beteten noch in den Gaskammern. Sie hofften bis zuletzt auf den Gott, vor dem ihr Leiden nicht im Abgrund des Vergessens verschwindet.
Weltreligionen vorgestellt: Judentum, Christentum, Islam, Buddhismus, Hinduismus…
Viele jüdische Häftlinge beteten noch in den Gaskammern. Sie hofften bis zuletzt auf den Gott, vor dem ihr Leiden nicht im Abgrund des Vergessens verschwindet.
Eine gute Frage. Der Holocaust(alias die Shoah) war so systematisch grausam, dass man ihn getrost als eine der größten Menschheitskatastrophen verzweifeln kann. Erlauben Sie mir, ihre Frage kurz auf den Kopf zu stellen: Verzweifelt Gott nicht an seinem auserwählten Volk? Im Alten Testament ist nämlich nicht selten das Versagen der Menschen im Zentrum, weil sie nicht auf Gott hören wollen. Sie meinen es, besser zu wissen.
Aber tatsächlich nun zu Ihrer Frage: Viele Juden sind in die Ungewissheit gefahren. Bestimmt haben sie schon in den Güterwaggons gebetet. Dort wahren sie – unvorstellbar – zusammengepfercht, mussten bis zu drei Tage dort ohne Essen und Trinken ausharren in völliger Dunkelheit und ihr Geschäft an Ort und Stelle verrichten. Bestimmt haben die gläubigen Juden dort schon gebetet. Das klingt zwar garstig, aber bitte nehmen sie diesen Gedankengang aus Sicht eines Opfers an: Was passiert nach der Vergasung? Dort ist die christliche Vorstellung der jüdischen sehr nahe: Es gibt ein Leben nach dem Tod, es gibt eine Auferstehung der Toten (vgl. 5. Mo 32,39 und 1. Sam 2,6). Ich mag das jetzt in unserer unbeschwerten Zeit leicht dahinschreiben, aber wenn Gott diese größte Erwartung erfüllt, können sie auch durch die Hölle gehen, also durchs KZ (genauer: Vernichtungslager). Ich denke, es herrscht auch die allgemeine Vorstellung, dass die Verantwortlichen in die Hölle gekommen sind, aber diese Vorstellung ist nur eine Linderung des Schmerzes für die Hinterbliebenen, aber total egal für die, die nach dem irdischen Leben sind.
Mit freundlichen Grüßen
Tobias Montag