Lao-tse ist eine der umstrittensten Figuren der chinesischen Geisteswelt. Er gilt als Gegenspieler von Konfuzius, doch zweifeln Experten heute seine Existenz an. Vielleicht gehört er ins Reich der Sagen, einer anderen Theorie zufolge war Lao-tse nur der Beiname eines Einsiedlers aus dem 4. Jahrhundert v. Chr., der seine Gedanken über das Leben und die Welt niederschrieb.
Lao-tse gilt als Begründer des Daoismus (Taoismus). Das Dà odéjÄ«ng (Tao Te King, ~Ching), der einflussreichste daoistische Text, wird ihm zugeschrieben und daher oft auch einfach als „Lao-tse“ bezeichnet. Der Text ist aber wahrscheinlich erst im 4. Jahrhundert v. Chr. entstanden beziehungsweise in seine heutige Form gebracht worden.
Trotz der beeindruckenden Überlieferung minutiöser Chroniken und Listen von Herrschern, Beamten etc. aus China ist über Lao-tse fast nichts bekannt. Die ältesten Quellen sind Anekdoten und Legenden, die zum Beispiel in ZhuÄngzÇs (Dschuang Dsi, Chuang-tzu) „wahrem Buch vom südlichen Blütenland“ aufgeschrieben sind. Die erste historische oder biographische Quelle findet sich im ShÇjì (Shi chi) des SÄ«mÇŽ QiÄn (Ssu-ma Ch’ien), den „Aufzeichnungen des Chronisten“ aus dem 1. Jahrhundert v. Chr., doch SÄ«mÇŽ QiÄn schreibt selbst, dass seine Quellenlage sehr unsicher ist und er widersprüchliche Aussagen über Lao-tse gefunden hat – er ist nicht sicher, ob Lao-tse wirklich gelebt hat.